NEUE KONZEPTE
TEST: HONDA NC700X DCT (DOPPELKUPPLUNGSGETRIEBE)Text: M. Bernleitner Fotos: Honda, M. Bernleitner SCHALTOMATIKMotorräder mit Automatikgetriebe waren in den vergangenen Jahrzehnten keine Verkaufsknüller. Das neue Honda-Doppelkuppungsgetriebe der zweiten Generation hat die Situation deutlich verändert![]() Frisst Leistung, frisst Treibstoff, kostet nur und bringt nichts – eines jener Vorurteile, die bis jetzt in der Praxis tatsächlich bestätigt wurden. Gerade Honda hat sich dem Thema „Automatikmotorrad“ immer wieder genähert, mit einer 400er sowie einer 750er in den 1970ern und erst kürzlich mit der DN-01, die wie für ein Batman-Movie gemacht schien. Mit der aus dem Automobilbau kommenden Technologie des Doppelkupplungsgetriebes sind die Karten jetzt aber ganz frisch und neu gemischt. Auch will Honda als erster Zweiradhersteller darauf reagieren, dass sich bereits in naher Zukunft die Ansprüche an Motorräder als auch die verfügbaren Haushaltsbudgets kräftig verändern. Preiswürdige neue Konzepte und Leichtlaufmotoren wie im PCX/SHi-Roller und der Integra-/NC700-Serie sind die ersten Antworten. Beim Motorrad-Roller-Hybrid Integra und den NC-Crossover-Bikes werden aus einer schlauen Grundidee nach dem Baukastenprinzip insgesamt fünf Modelle geboren, drei davon mit der automatisch schaltenden DCT („Dual Clutch Transmission“). Neben dem von Rollerfreunden viel beachteten Integra 700 (Technik in „motomobil“ Folge 006, Test in Folge 007 sowie auf www.motomobil.at) gibt es mit dem gleichen Stahlrohr-Brückenrahmen die NC700S und die NC700X in einer Ausstattungsvariante mit der neuen Automatik, wobei sich besonders die mit längerem Radstand und längeren Federwegen (vorne und hinten zirka 150 Millimeter) ausgestattetete X als Crossover-Maschine präsentieren will. Crossover woraus? Lange Federwege, stabile fahrwerksgeometrische Daten sowie der hohe und breite Lenker kommen aus dem Endurobereich, die Metzeler Roadtec Z8 begünstigen Komfort und ausgezeichnete Kontrollierbarkeit. Die relativ hoch und weit hinten angesetzten Fahrerfußrasten kennt man wiederum von Sportlern und Streetfightern. Obwohl insgesamt die Sitzposition alles andere als hochsportlich vorderradorientiert ist, sondern eher „verkehrsüberwachend“, erzeugt die X ein sehr dynamisches und aktives Fahrgefühl. Das Schräglagenverhalten ist äußerst harmonisch und mit Sicherheit ist die NC X trotz ihres Gewichts von 228 Kilo vollgetankt und 830 Millimeter Sitzhöhe eines der am leichtesten beherrschbaren und „willigsten“ Motorräder am Markt. Die Honda-Spezialität der kombinierten ABS-Bremsanlage (bei der in ausgewogenem Verhältnis immer sowohl die Vorderrad- als auch die Hinterradbremse aktiviert werden) macht es besonders für ungeübte Piloten kinderleicht, die kürzesten Bremswege herauszuholen. Eine ABS-Regelphase kann kaum provoziert werden, denn nach wenigen Metern steht man schon. Das automatisch und ruckfrei schaltende Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe passt schließlich perfekt zum völlig unkomplizierten Charakter der Crossover-Honda. Der 670-Kubik-Zweizylinder mit 38 kW (52 PS) Leistung bei nur 6250 Umdrehungen läutet – ähnlich wie der neue kleine Vespa-Dreiventilmotor – mit einem Bohrung-Hub-Verhältnis von 73 zu 80 Millimetern so etwas wie eine „Renaissance der langhubigen Motoren“ ein. Ohne Drehzahlgeheul und völlig entspannt ist mit der automatischen Fliehkraftkupplung der Antritt der NX aus dem Stand enorm druckvoll. Weil der Motor bereits bei geringen Drehzahlen sehr muskulös ist ist, ist flugs der sechste Gang drin – was man am ehesten am Digitaldisplay erkennt, da man das leise Triebwerk kaum hört. Auf Spontaneität muss man dennoch nicht verzichten: Bei einem Überholvorgang kann man die gewünschte Gangstufe entweder manuell vorgeben oder das DCT hantelt sich beim Gasaufmachen rasch in einen niedrigeren Gang. Sowohl der kommode Drive-Modus als auch der Sport-Modus sind bei der NC dynamischer programmiert als beim etwas behäbiger wirkenden Integra. Die angenehme Überraschung wartet an der Tankstelle: Im „motomobil“-Testbetrieb verbraucht die NC700X mit DCT ohne fahrerische Zurückhaltung genau 3,6 Liter auf hundert Kilometer. Und dort, wo normalerweise das Treibstoffbehältnis ist, gibt’s eine weitere Überraschung: In der gefällig designten Tankattrappe ist Platz für einen Integralhelm, sogar ein fetter Klapphelm passt rein. Das ist mehr Gepäckraum als in so manchem Roller. Wir würden uns eindeutig noch wünschen, dass man den Kofferraumdeckel auch öffnen kann, ohne den Zündschlüssel aus seinem Schloss und wieder hinein fummeln zu müssen – sonst findet man an der NC700X nichts zu meckern, schon gar nicht zu diesem Preis. Zum gelungenen und sparsamen Next-Generation-Triebwerk gibt’s Fahrspaß und Easy Handling. Und zudem noch hohen Praxisnutzen.
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