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DER SEIBERER – TREFFPUNKT FÜR KLASSIKROLLERText: Guido Schwarz Fotos: Archiv Guido Schwarz, Motomobil EIN FAST PERFEKTER SONNTAGDie Fahrt auf den Wachauer Seiberer ist wohl die schönste Möglichkeit, die Rollersaison stilvoll zu beginnen![]() ![]() Weil der Mensch nicht von Abgasen allein lebt, müssen wir auch den Seiberer etwas komplexer betrachten: Ursprünglich als Bergrennen ausgetragen, erfreut er sich langer Tradition und wurde 1986 nach langen Jahren Pause als Oldtimer-Wertungsfahrt wieder belebt, dank einiger eifriger Veteranenfreunde, an erster Stelle Martin Winkelbauer mit seinem Team. Kleinwagen-Oldtimerfahrer (und –fahrerinnen natürlich) sind tendenziell entspannte Menschen, denn auf der Straße sind sie immer die Kleinsten und Langsamsten – da bleibt einem nichts anderes übrig, als entspannt zu sein. Der Bewerb ist somit ebenfalls eine grundentspannte Sache und wird – wie bei Oldtimerrennen so üblich – als Gleichmäßigkeitswertung ausgetragen. Wer bei beiden Läufen die gleiche Zeit fährt, gewinnt – so einfach ist die Sache. Leider ist es in der Praxis nicht ganz so einfach: Ich fahre seit 2007 mit und habe noch nie ein besseres Ergebnis als den sechsten Platz erreicht – und das in meiner Unterklasse, den „Vespas der frühen 1970er-Jahre“. Die Strecke ist nicht einmal zehn Kilometer lang, und meine Zeitdifferenz betrug 1,6 Sekunden – eigentlich nichts, doch beim Seiberer ist das eine Ewigkeit. Wer um den Sieg mitfahren will, darf nur wenige Hundertstel Abweichung haben, wenn nicht noch weniger. Die Zweiräder können hier auch nicht viel tricksen, daher fahre ich immer einfach drauflos – wenn ich Glück habe, ist die Zeit gut. Entspannt eben, wenngleich es eine rennähnliche Veranstaltung ist, mit Rennfeeling und einer Ansage per Lautsprecher für jeden Starter, mit Gejubel und Geklatsche, Bier, Würstel und einem Rettungswagen für alle Fälle. Mitfahren dürfen Oldtimer-Kleinautos und historische Zweiräder. Nur bei Motorrollern gibt es eine Ausnahme: Hier dürfen alle Schaltroller mitfahren – also auch eine Vespa mit Baujahr 2016, was aber selten vorkommt. Die genauen Kriterien für eine Teilnahme sowie Anmeldemöglichkeiten findet man auf www.seiberer.at, und ich kann allen nur empfehlen, sich das Spektakel einmal anzusehen. Der erste Lauf beginnt um 10.00 Uhr, der zweite meist gegen 14:30 Uhr; mehr als 300 Fahrzeuge gehen an den Start, darunter über 50 Roller. Die Ärmsten sind die Fahrer der historischen Rennräder – denn sie starten ganz am Anfang, gefolgt von den Vespas und Lambrettas mit ihren Zweitaktmotoren. Daher sind die überholten Radfahrer im Ziel auch immer etwas grünlich im Gesicht, sie fahren sozusagen mit einem zusätzlichen Handikap. Ansonst besteht das Teilnehmerfeld aus einer bunten und witzigen Mischung von Fahrzeugen aus vielen Jahrzehnten, eigentlich aus dem gesamten 20. Jahrhundert, von den 1920ern bis zu den Youngtimern. Von Goggomobil bis Ente, vom englischen BSA-Motorrad mit Karbidlampe bis zum Messerschmidt-Kabinenroller ist alles ausführlich zu bestaunen. Es gibt viel Zeit, um sich alle Fahrzeuge genau anzusehen und mit ihren Besitzern zu plaudern. Interessanterweise scheint an diesem Sonntag fast immer die Sonne, und so ist der Seiberer eine der nettesten Möglichkeiten, das zu betrachten, was viele die „gute alte Zeit“ nennen. In einer Umgebung, wo man ständig an Mariandl und das Wachauerlandl denkt, im Blick eine BMW-Isetta oder einen Puch 500. Die Wehmutsgedanken an die Wirtschaftswunderzeit verfliegen jedoch schnell, wenn die ersten Motoren aufheulen und dann doch meist zu schwach sind, um beim Start das berühmte „Quietscherl“ hinzulegen. Wir sind schließlich beim Seiberer in der Wachau und nicht beim Formel-1-Rennen in der Steiermark. Hier ist es langsamer, dafür sicher lustiger. Die Typen sind schräger, das Zuschauen ist gratis, und wenn man sich hier wohl fühlt, darf man sich in der Mittagspause einen guten Spritzer bei einem der zahlreichen schönen Heurigen und guten Gasthäuser gönnen – oder zwei, schließlich es gibt ja auch zwei Durchgänge beim Seiberer. VESPA – GESCHICHTEN VON WIEN BIS ROMVESPA – GESCHICHTEN VON WIEN BIS
![]() Das zweite Vespa-Buch von „motomobil“-Autor Guido Schwarz ist das Nachfolgewerk von „Vespa – was für ein Leben!“ Es enthält neue Geschichten und philosophische Analysen zum Mythos Vespa, genauso humorvoll, provokant und vielleicht noch tiefer gehend. Der Autor machte sich im Sommer 2012 mit seiner 39 Jahre alten Vespa Sprint auf die Fahrt von Wien nach Rom. Es wurde eine Abenteuerreise, die ihresgleichen sucht. „Vespa – Geschichten von Wien bis Rom“ (Format A5, ca. 200 Seiten, ISBN 9783200028746) ist um 15 Euro bei Scooter-Shops erhältlich, im sortierten Buchhandel, bei Amazon, in den Bestseller-Shops (im Ekazent Hietzing und in der Millennium City, online über www.motorbox.at) sowie im Direktvertrieb des Autors über die Webseite www.guidoschwarz.at/vespabuch-2 |